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Unsere Schul-Charta

Entwachsen aus einem Gemeinschaftsprozess


Damit ein Leben in der Gemeinschaft funktionieren kann, braucht es die Verständigung der Beteiligten über die Art und Weise, wie man zusammenleben möchte. Auf nationaler Ebene mündet eine solche Verständigung beispielsweise in einer staatsrechtlichen Verfassung, im Rahmen einer Sportart einigt man sich auf allgemeingültige Spielregeln. Und in der Schule? Selbstredend: Auch hier braucht es Leitlinien für das gemeinsame Lernen und Zusammenleben. Umso mehr alle Betroffenen an der Formulierung dieser Leitlinien mitwirken können, desto wahrscheinlicher ist ihre Akzeptanz und Einhaltung. Vor diesem Hintergrund hat sich die Franz-Marc-Grundschule zehn Monate Zeit genommen, um neue Leitlinien – zusammengefasst in einer sogenannten Schul-Charta - zu formulieren. Beteiligt waren die Schüler aus 5 Jahrgängen, die Elternvertreter und die Lehrer.

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Einblicke in den Entstehungsprozess

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Als allererster Einstieg in die Thematik wurden die Kinder im Unterricht in der Regel mit folgender Frage konfrontiert: „Stellt Euch vor, Ihr landet zusammen mit Euren Klassenkameraden und Euren Lehrern auf einer Insel. Ihr baut Euch ein Schulhaus, habt aber keine einzige Regel, an die man sich zu halten hat. Welche Regeln würdet Ihr Euch selbst geben?“

Am Ende des Prozesses lauten die Vereinbarungen nun beispielsweise „Wir gehen ehrlich miteinander um“ oder „Wir verletzen niemanden mit Worten und Taten.“ Klingt doch ganz selbstverständlich. Und für solche Ergebnisse bedarf es etlicher Monate?!? Zweifellos! Zweifellos deshalb, weil nur die Ergebnisse und ihre oberflächliche Betrachtung eine Selbstverständlichkeit sind. Der Weg hin zur Schul-Charta war einer, der über viele lebhafte und teils auch kontroverse Diskussionen führte. Die 3. Klasse etwa wollte keine Regelung, die das Rennen im Schulhaus generell verbietet. „Wenn man doch freie Bahn hat und schnell auf die Toilette muss, wieso darf man dann nicht rennen?“, so ihr schlagendes Argument – das letzten Endes auch die übrige Schulgemeinschaft überzeugte. In der Schul-Charta liest man nun: „Wir rennen nicht rücksichtslos im Schulhaus umher.“ Oder die Kritik aus der 2. Klasse an der vorgeschlagenen Regelung, dass herumliegender Müll wegzuschmeißen sei. Die vorherrschende Meinung unter den Siebenjährigen: „Bääh, das ist ja greißlig.

Wenn wir so eine Regel haben, dann hält sich eh niemand dran!“ Das Ergebnis lautet nun:

„Wir werfen Abfälle in den passenden Mülleimer. Für unappetitlichen Müll verwenden wir dazu ein Taschentuch oder Einmalhandschuhe.“
 

Regeln sind für den Menschen da

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Und so gibt es nun kaum eine Regel der Schul-Charta, die sich nicht im Laufe der Zeit durch ständige Verhandlungsprozesse – angestoßen durch die Schüler, die Lehrer oder die Elternvertreter – verändert hätte. Und das ist gut so! Leben, Gesellschaft und Schule ändern sich fortwährend, dementsprechend haben sich die allgemeingültigen Regelungen den Veränderungsprozessen anzupassen. Regeln sind für den Menschen da - nicht umgekehrt. Regeln sind nicht unabänderlich, sondern menschen-gemacht. Und manchmal eben auch schüler&eltern&lehrer-gemacht. 
(Text: J. Dondl)

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